Samstag, 7. April 2018

Der Erste Weltkrieg im Bergsträßer Anzeigeblatt - Kriegsbedingte Aufrufe und Werbung


...sind wir genötigt, die Kasse vormittags zu schließen... Arbeitskräftemangel

Nachdem die Mobilmachung beschlossen, der Krieg ausgebrochen war und immer mehr Männer im wehrfähigen Alter ihren Dienst an der Waffe antreten mussten, lichteten sich in der Heimat die Reihen. Arbeitskräfte wurden rar und es musste Ersatz gefunden werden.
Immer mehr traten Frauen[1] an die Stelle der fehlenden Männer, aber auch patriotische Aufrufe sind zu finden, die selbst vor dem wohlverdienten Ruhestand nicht Halt machen.

Die Annonce der Pfälzischen Landesbank[2] - hier die Filiale in Bensheim - im Bergsträßer Anzeigeblatt vom 10.08.1914 weist auf das Problem der fehlenden Arbeitskräfte hin. Die Geschäftsstelle kann nur noch am Vormittag öffnen, denn die Direktion befindet sich an der Front:
"Pfälzische Bank; Wir geben hiermit davon Kenntnis, daß wir den Betrieb der hiesigen Filiale vollständig aufrecht erhalten, obwohl die Herren Direktoren Bernatz und Habich, sowie vier Gehilfen zu der Armee einberufen sind. Zu unserem Bedauern sind wir aber durch den infolge der Mobilmachung eingetretenen Mangel an Personal genötigt, die Kasse bis auf Weiteres nachmittags zu schließen. Die Kassestunden sind für die Folge: 8-12 Uhr vormittags. Wir bitten in diesen schweren Zeiten um geneigtes Entgegenkommen. Filiale der Pfälzischen Bank; Direktion: Lehmann. Steinbacher. (4090)" 



...selbstlose kostenfreie Vertretung... die Rettung naht

Doch Rettung naht, denn in den frühen Stunden des Krieges herrscht noch patriotisches Pflichtgefühl, welches auch einen "privatisierenden" Bewohner Bensheims seinen Teil beitragen lässt. In seiner Anzeige aus dem Bergsträßer Anzeigeblatt vom 10. August 1914 heißt es: 

Heilige Pflicht eines Jeden, dem Alter, Gebrechlichkeit oder Krankheit nicht gestatten, unseren Fahnen zu folgen ist in diesen schweren Tagen, seine Zeit und Kraft, sein Wissen und Können in den Dienst der Zurückgebliebenen zu stellen!
Gerade den alten privatisierenden Kaufleuten bietet sich jetzt Gelegenheit, helfend einzugreifen, indem sie die Vertretung der einberufenen Kollegen übernehmen und mache ich daher den Anfang, indem ich diejenigen Geschäfte ersuche, denen eine selbstlose kostenfreie Vertretung erwünscht ist, vertrauensvoll sich an mich zu wenden.; M. L. Wolff, Ernst-Ludwigstr. 36. Bensheim, den 7. August 1914"


Links und Literaturhinweise

[1] Dossier der Bundeszentrale für Politische Bildung: Frauenarbeit und Geschlechterverhältnisse (zuletzt besucht am 25.01.2018)
[2] Im Jahre 1902 übernahm die Pfälzische Bank die Volksbank Bensheim eGmbH und ihre Filialen, die wiederum 1921 von der Rheinischen Creditbank und 1929 von Deutschen Bank übernommen wurde. Quelle: http://www.bankgeschichte.de/de/content/839.html (zuletzt besucht am 25.01.2018)


© Frank-Egon Stoll-Berberich, 2018, Alle Rechte vorbehalten.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen